FASNÄCHTLICHES URI

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Schnitzelbänke in Altdorf

ALLGEMEINES UND GESCHICHTE


  
Die Schnitzelbank ist aus dem spätmittelalterlichen Bänkelsängertum und aus den Schmähgedichten der Barockzeit hervorgewachsen. Im Verlauf des 19. und 20. Jahrhunderts haben diese ihre besondere Basler Ausprägung erhalten. Die Schnitzelbank beschränkt sich in ihrer traditionellen Form auf das Vortragen von Versen, begleitet von Gesang oder Musik. Dazu gehören auch bildliche Darstellungen (Helgen). Diese können Karikaturen zeigen oder begleitende kurze Handlungen beinhalten. Die Abgrenzung zum Fasnachtsspiel wird da fliessend. Die vorgetragenen Verse werden zum Teil auch in gedruckter Form abgegeben. Die Schnitzelbank überschreitet hier wiederum die Grenze zum Narrenblatt, besonders wenn auf der Rückseite noch zusätzliche Verse sowie humoristische Inserate angebracht sind.

Die traditionelle Schnitzelbank besteht aus einzelnen gereimten Strophen oder Versen. Hohe Kunst ist es, wenn die Strophe mit einem Thema beginnt und in der Mitte mit einer ersten Pointe für Erheiterung sorgt, um hernach behandeltes Thema mit einem zweiten in Verbindung zu bringen und den Vers mit einer Pointe abzuschliessen, die das Publikum nun überhaupt nicht erwartet hat.

«Nächstenliebe» sorgt sporadisch für Schnitzelbank
Bereits ausgangs des 19. Jahrhunderts hatte die Basler Schnitzelbank Vorbildsfunktion und wurde in Uri vereinzelt zumindest in Altdorf gepflegt. Mit Schnitzelbänken trat ab 1906 – wenn auch mit Unterbrüchen, so aber doch mit einer gewissen Regelmässigkeit – die «Nächstenliebe» Altdorf in Erscheinung. Die 1920er-Jahre brachten eine Hochblüte nicht nur des Narrenblatts, sondern vor allem auch der Schnitzelbank. Verantwortlich hierfür war die «Nächstenliebe» Altdorf und vor allem der Kunstmaler Heinrich Danioth (1896–1953). 1920 malte er erstmals die Helgen für die «Nächstenliebe»-Schnitzelbank. Verseschmied war Forstadjunkt und späterer Ehrendoktor Max Oechslin (1893–1979). Offiziell hiess die Urheberschaft: «Bilder nicht von Hodler» sowie «Verse nicht von Busch». Sowohl Danioth als auch Oechslin waren keine Vereinsmitglieder und wurden zum Erstellen der Schnitzelbank beigezogen. Die Schnitzelbank wurde in der traditionellen Form mit Helgen, Reimen und begleitender Musik singend vorgetragen. Für die Sittenwärter und Moralisten war die Fasnacht 1920 zum Entsetzen, denn die Schnitzelbank der «Nächstenliebe» schonte nicht die Geistlichkeit. Das «Urner Wochenblatt» bezeichnete es denn auch als «Schmutzerei», wie «unser hochwürdigster Bischof» zur Narrenfigur herabgewürdigt wurde.
Auch im Jahre 1921 wurde vom gleichen Duo eine Schnitzelbank gestaltet. «Der Föhn» war in Altdorf das erste Erzeugnis, wo die Illustrationen nicht die gängigen allgemeinen Zeitungsklischees bildeten, sondern Danioths Holzschnitte selbst eine satirische Aussagekraft besassen. Das als Schnitzelbank bezeichnete Narrenblatt fand in der «Gotthard-Post» dann auch «lobende Erwähnung» und «niemand zum Leid, doch vielen zur Freud» gewirkt habe. Der Bilderschmuck fand allgemein Anerkennung, doch die Redaktion wusste dem Korrespondentenbericht noch anzufügen, dass allerdings auf literarisch-künstlerischem Gebiet die Meinungen auseinander gehen können: «De gustibus non est disputandum!»



Heinrich Danioth war Anfang der 1920er-Jahre selbst in Altdorf noch ein wenig bekannter Künstler, seine Zeichnungen dieser Schnitzelbank eine ganz neue Erscheinung. Vom Publikum wurde nun nebst der Toleranz auch noch Kunstverständnis verlangt, was nicht überall vorhanden war. In der «Nächstenliebe» zog man Bilanz: «Mangelndes Kunstverständnis liess den ‹Föhn› nicht überall als harmloses Windspiel erscheinen und musste als kräftiger Beweis herhalten, dass die ‹Nächstenliebe› für andere Sachen als ‹gefüllte Menüs› kein grosses Verständnis habe.»

Heinrich Danioth und Albert Jütz werden in die «Nächstenliebe» aufgenommen
1924 wurden Heinrich Danioth und Albert Jütz in die «Nächstenliebe» aufgenommen. Die beiden hatten sich in der Altdorfer Fasnacht bereits stark engagiert. Heiri Danioth wurde gleich zum Tonangebenden in der Durchführung der Schnitzelbank und dichtete die Verse – «als dichtender Maler und als malender Dichter», wie er es selbst festhielt! Rief der Vorstand zur ersten Fasnachtssitzung, hatte er bereits Idee und Konzept zur Hand, die nur noch abgesegnet werden mussten.
Am Sonntag vor der Fasnacht erfolgte jeweils die Hauptprobe zur Schnitzelbank. Früh am Nachmittag schlug man den Weg nach Seedorf ein, um im Restaurant Waldheim die Gesangs- und Leseprobe abzuhalten. Auf dem Weg übte schon jeder mit seinem aus der Vereinskasse gestifteten «Chleeväli» und bis man in Seedorf angelangt war, beherrschte jeder wieder sein aus der Schulbubenzeit bekanntes Instrument aus Holz und Blei. Mit Begleitung des Handörgelers lief die Schnitzelbank in kurzer Zeit nach Wunsch. Ein urchiges Zabig und feuriger Italiener sorgten für Ausdauer und Stimmung. Es war bereits Nacht, als es mit Handorgel, «Chleeväli», und Gesang zurück nach Altdorf ging. Im «Schlüssel» und «Löwen» wurde die Probe fortgesetzt. Als man im «Höfli» anlangte, klappte die Schnitzelbank in Wort und Bild famos. Heiri Danioth gab sich jedoch nicht mit einfachen Helgen zufrieden, die lebenden Bilder erforderten das Engagement eines Mechanikers, der zum Anlernen der äusserst komplizierten Mechanik angeblich Tage und Nächte lang das Triebwerk studieren musste. Die Spezial- und sonstigen Einzelproben für Schwerlernende fanden im Atelier des Künstlers statt. Seine Bude wurde für die Fasnachtswoche als Studier- und Rauchzimmer benutzt.
Die Aufführung der Schulbubenclique mit ihren hellklingenden Stimmen fand ein einzig Lob. Vom Mittag bis spät am Abend war man auf den Beinen. Die letzte Vorführung wurde in der «Krone» im vollbesetzten Saale gegeben. Die hellen Kinderstimmen waren inzwischen zum Steinkohlebass gesunken, einzig Heiri Danioths Stimmchen vermochte noch die höhern Noten der Octave herauszubringen. Die Einnahmen des herumgereichten Kässelis ergaben 180 Franken für den Samichlaus.

Schnitzelbank auf dem Rathausplatz
Nach dem Zweiten Weltkrieg bestand die Schnitzelbank der «Nächstenliebe» nur mehr aus dem gesprochenen Spottvers und wurde anschliessend an den Umzug auf dem Rathausplatz vorgetragen. Als Bühne diente ein zum Hauptmotto ausgestatteter Wagen, welcher auch den Umzug absolviert hatte. Anschliessend begann die Schnitzelbank-Tour durch die Altdorfer Beizen, welche bei Beginn der Maskenbälle abgeschlossen war.

Nach dem Tode von Heinrich Danioth wurde die Schnitzelbank von einzelnen oder mehreren «Nächstenliebeanern» gedichtet. Es wurden die gleichen Themen wie in den Narrenblättern abgehandelt. Die Tradition der Schnitzelbänke der «Nächstenliebe» hielt sich mit den Unterbrüchen der beiden Weltkriege und einzelner Ausfälle in früheren Jahren bis in die 1990er-Jahre aufrecht. Ausgang des 20. Jahrhunderts fehlte die närrische Kapazität, um nebst der Herausgabe des Narrenblatts und dem Bau eines Umzugswagens auch noch eine gute Schnitzelbank zu produzieren. Eine Tradition der Altdorfer Fasnacht ging damit zu Ende, und die Schnitzelbank auf dem Rathausplatz wurde klangvoll durch die Platzkonzerte von Guggenmusiken ersetzt.

Seit Anfang der 1970er-Jahre bis 1988 belebten die beiden Mittelschullehrer Peter Mattli (*1941) und Bruno Zurfluh (*1942) die Altdorfer Fasnacht mit einer Schnitzelbank. Während der ersten Jahre war man mit Heidi Mattli und Edwin Amacher ein Quartett. Die Schnitzelbank bestand aus einfachen Versen, zum Teil mit musikalischer Ukulele-Begleitung zur Melodie «Doobä i däm Schächätal...»
In der gelb-schwarzen Landsknechte-Uniform traten von 1977 bis 1983 nicht nur mit Witz und Humor, sondern auch mit einer Hellebarde bewaffnet die beiden Altdorfer Walter Jauch (*1947) und Karl Baumann (*1944) auf. Die Verse, quer durch die lokalen Aktualitäten, wurden nach der Melodie «Wätterbrüün wiä Kafesatz» gesungen.

Schnitzelbänkler traten in die Lücke des Maskenballs
Mit dem Untergang des Maskenballs traten in den 1980er-Jahren ein halbes Dutzend Schnitzelbänkler in Erscheinung. Die Schnitzelbänke wurden zu einer Attraktion der Altdorfer Fasnacht. Zur Freude der Wirte sorgen sie für volle Wirtsstuben. Die innegehabten Plätze werden ein Jahr im Voraus reserviert und sind an den beiden Hauptfasnachtstagen bis auf den letzten Platz gefüllt. Man harrt in Zivil der närrischen Dinge, die da hoffentlich kommen. In den Anfängen hatten die Narren ihre Auftritte nach einem festen Programm zu richten, damit die Gäste entsprechend dem heimischen Fernsehprogramm genau wussten, was denn wann und wo abläuft, und um sich nach Ende des Unterhaltungsprogramms zu erheben und nach Hause zu gehen. Sendeschluss!

Text: Gisler-Jauch Rolf, Fasnächtliches Uri, S. 258 ff.

SATIRISCHE ECKPUNKTE

«Der Messingkäfer» - Beispiel einer Schnitzelbank von Heinrich Danioth



Thema der Altdorfer Schnitzelbank 1928 war der Messingkäfer, ein zirka 4 Millimeter langes Tierchen, das die Schweiz in Angst und Schrecken versetzt hatte und nun drohte, auch in Uri sein Unwesen zu treiben. Nach dem Untergang der Faschingsgesellschaft führte Kunstmaler Heinrich Danioth und die «Nächstenliebe» Regie.

Der Messingkäfer sollte in x-facher Vergrösserung nachgebaut werden und alles verschlingen, was ihm in gereimten Versen vorgeworfen wurde. Bau und Mechanik des Tier-Ungetüms konstruierte Albert Huber. Er hielt die Mitarbeit genau fest. Eine kleine Statistik zeigte, dass die Schnitzelbank nicht leicht als Vereinsarbeit umzusetzen war. Von den 14 Mitgliedern waren drei ständig, zwei zeitweise und drei selten zur Arbeit anwesend. Sechs wurden hingegen nie gesehen. Ständige Mitarbeiter waren zudem zwei Nichtmitglieder, die unentgeltlich arbeiteten, einer davon ein Schreiner aus Unterschächen. Das Dachlattenmaterial (zirka 300 Meter) und die Farbe wurden gratis zur Verfügung gestellt. Die Spitze der Zugsordnung bildeten die beiden obligaten Trommler und Pauker. Es folgte der von zwei Pferden gezogene Messingkäfer und der Henkerswagen mit den zehn Opfern. Dahinter marschierte der Chor der Bürger in zivilen Kleidern, zuletzt der Chor der Teufel, einheitlich in roten Hemden, auf dem Kopf der «Nächstenliebe»-Fez, das Gesicht blutig-rot verbrämt. Punkt 14 Uhr wurde beim Zeughaus ab- marschiert, über das Lehn, durch die Schmiedgasse bis zum Josefs-Brunnen und zurück zum Rathausplatz. Die Aufführung auf dem Rathausplatz vollzog sich auf drei Wagen. Nach dem Prolog mit zwei Sprechern folgte das Schauspiel mit den Chören der Bürger und der Teufel. Dazwischen trat der Luzifer. In den Chören sangen insgesamt je sieben Männer, die nicht alle durch Vereinsmitglieder gestellt wer- den konnten.
Der Käfer frass nun alles, was ihm in Uri in die Quere kam: die eben aufgelöste Fagesa, das Klausenrennen oder die Urner Landsgemeinde, die im gleichen Jahr noch aufgelöst werden sollte. Die Melodie wurde von Vereinsmitglied Hans Walker komponiert und war eine glückliche und kapriziöse Verbindung des «O Tannenbaum» mit eigenen Motiven.
Zur Hysterie um den Messingkäfer hatte in der radio- und fernsehfreien Gesellschaft auch der Klatsch beigetragen. In der dörflichen Gemeinschaft und im noch gemächlichen Gang des Alltags trug die Klatschtante zur Verbreitung der neusten Nachrichten bei. Der Dorfklatsch hatte seinen Auftritt. Der Käfer sollte auch ihn vernichten und dadurch alle seine früheren Taten wiedergutmachen. Doch selbst der Messingkäfer war dem Klatsch nicht gewachsen und fand durch dessen Gift sein Ende.

Tri-Tra-tri-tratsch, Qui-qua-qui-quatsch Kommt da nicht die Tante Dorfklatsch Die in abertausend Schälchen Abertausend-Dorfskandälchen Täglich, stündlich uns kredenzelt? Und so schmeichlerisch scharwenzelt? Freuen würd es uns unendlich, Wär’ der Käfer so verständlich Und verschläng’ mit Haar und Haut Diese böse Teufelsbraut!

Quelle: Danioth Heinrich, Huber Albert; Fastnacht 1928; Illustrierte Mappe zur Schnitzelbank «Der Messingkäfer». Text: Gisler-Jauch Rolf, Fasnächtliches Uri, S. 263 f.

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Die Sänger der «Blauen Nacht»



Die «Blaue Nacht» war eine Vereinigung junger Männer in Altdorf, die nachts unter Strassenlampen dem Gesang frönte.
Träger der Vereinigung waren Kunstmaler Heinrich Danioth («Heinrich Mahler») und Volksliedersänger Berti Jütz (Alberto da Juzada). Beide traten 1924 in die «Nächstenliebe ein». Die «Blaue Nacht» gab 1924 auch das Narrenblatt heraus. Weitere Mitglieder waren Hans Walker alias Bill James Wakler, Albert Huber alias Albert de Carneval und ein François Vaser.
Die Mitglieder der «Blauen Nacht» bildeten auch das Jazzband-Orchester der «Nächstenliebe». An der jungen Fasnacht begab man sich mit der Altdorfer Katerbummelgesellschaft, zirka 30 bis 40 Personen stark, nach Bürglen, wo im «Tellen» vor der Fastenzeit noch ausgetanzt wurde. Abends schloss der Fasnachtstanz mit einem Extrakonzert in der «Reiserei», und bei flotter Musik ertönte zum letzten Male:

«Komm mein Schatz wir trinken ein Likörchen /
Und dann flüst’re ich Dir was ins Öhrchen /
Ja von der Liebe und des Lebens Mai /
Und ein Bisserl, Bisserl was dabei!»

Obwohl die Fastenzeit zur Vorbereitung der Fasnachtssünder auf Ostern bestimmt war, ertönten in den wöchentlichen, manchmal ziemlich langen Sitzungen zeitweise Nachklänge der Jazzbandmusik. Da mehrere Mitglieder bei Tage zu sehr beschäftigt waren mit Vor- oder Nachschlafen, mussten einige Konzertnummern in der wunderblauen Nacht abgewickelt werden. Die nächtlichen Musik- und Singstunden sollten jedoch alsbald verstummen. Am 9. Juli 1925 verunglückte der Urner Liedersänger Berti Jütz bei einem Autounfall tödlich.
Text: Gisler-Jauch Rolf, Fasnächtliches Uri, S. 255.

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Heinrich Danioth – Stütze der Altdorfer Fasnacht
Die Altdorfer Fasnacht wurde in den 1920er-Jahren zu wesentlichen Teilen von Heinrich Danioth geprägt. Er selber bezeichnete die Fasnachtszeit als «zauberhaft apokalyptische Tage». Sein angeborener Hang zum Spott und zur Satire konnte sich in der Fasnachtszeit ungehemmt ausleben. Während Jahren entstanden unter der Regie von Heiri Danioth Schnitzelbänke, Fasnachtszeitungen und Fasnachtswagen. Die Altdorfer Fasnacht entwickelte sich aus einer oft harmlosen, oft auch sehr brutalen und ordinären Volksbelustigung zu einem Ereignis voll geistreichen Spottes und bissiger Satire auf hohem künstlerischem Niveau. Alles, was Danioth bewegte, und was sich im Laufe eines Jahres angestaut hatte, konnte sich an der Fasnacht entladen.
Als Heinrich Danioth 1926 zur künstlerischen Ausbildung bei August Babberger in Karlsruhe weilte und in einer Urner Zeitung zu lesen war, die Altdorfer Fasnacht sei von Gefahr bedroht, sandte er postwendend einen längeren Artikel aus Deutschland nach Altdorf und liess in der Zeitung verlauten: «Unsere Fastnacht ist nicht im Niedergang!» Es sei wahr, dass der Prinz gegenwärtig etwas müde sei. Das heisse aber noch nicht, dass er kränkle oder gar in seinen letzten Zügen liege. Nein, er sei noch voller Tatendrang und werbe im Geheimen neue Kräfte für seine Pläne und werde vielleicht im nächsten Jahr schon zum tollen Handstreich ausholen. Danioth sah die Fasnacht im Wandel. Die Jugend wolle «eine gerechtderbe Satire», sie wolle alles, was an «Kulturhemmung, an Philistertum, Schein-Tugend und Vorurteilsbesessenheit innerhalb des Dorfes und Staates» sich breit mache, an den Pranger stellen, mit dem vollen Bewusstsein, dadurch auf gesellschaftliche Gesundung hinzuwirken. Greifbare Resultate, wenn auch noch nicht in höchster Form, seien in den Schnitzelbänken der letzten Jahre entstanden. Hier sei entschieden mit aller persönlichen Verunglimpfung aufgeräumt worden. Vielleicht sei dabei der nach «Sensatiönchen» hungernde Bürger zu kurz gekommen. Heiri Danioth sah die Krise der Fasnacht auch aus dieser Sicht.
Quellen: Urner Wochenblatt Nr. 22/1926; Faschingsgesellschaft Altdorf, Der Bubikopf, Altdorf 1926; Text: Gisler-Jauch Rolf, Fasnächtliches Uri, S. 252.

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Heinrich Danioth und der Wandel der Schnitzelbank
Die Auflösung der Fagesa (1928) hatte Auswirkungen auf das fasnächtliche Engagement von Heinrich Danioth. Nun sollte der angekündigte Wandel vollzogen werden. Angesichts des ausbleibenden Umzuges und der aufwändigen Helgenmalerei etwas überdrüssig, wollte Heinrich Danioth den Rahmen der traditionellen Schnitzelbank verlassen und die Grenze zum Fasnachtsspiel und Umzug überschreiten. Auch sollte sich die «Nächstenliebe» intensiver dem fasnächtlichen Geschehen widmen; die traditionelle Schnitzelbank sollte wieder vermehrt Vereinsangelegenheit sein. Die Aufgabe, so wie sie als geistig ausgeklügeltes Bild im Kopfe des Künstlers vorlag, sollte auf mehrere Köpfe und Hände verteilt werden. Zudem hatte Danioth Bedenken, er habe mit den allzu subjektiv gefärbten Helgen und Versen der Vorjahre seinen Kameraden etwas aufgezwängt, das ihrem Innersten zuwiderlaufe. Und überhaupt lag seiner Meinung nach die Gefahr der Schematisierung in bedenklicher Nähe. Von der üblichen Schnitzelbank sollte nur der Spottvers bleiben. Die Bilder wurden durch greifbare Dinge ersetzt: Riesenpuppen, wo es sich um die Darstellung menschlicher Körper, die Sache als solche, wo es sich um die Darstellung toter Gegenstände handelte! Für die Herstellung und Herbeiziehung der erforderlichen Objekte wurde nun jedes einzelne Mitglied verpflichtet.
Quellen: Danioth Heinrich, Ausklang – Auftakt, Ein Beitrag zum Problem der Altdorfer Fastnacht, in: Gotthard-Post, Nr. 10/1926; Text: Gisler-Jauch Rolf, Fasnächtliches Uri, S. 252.

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Schnitzelbank-Vers zur Tanzinitiative (1921)



Der Kunstmaler Heinrich Danioth betrat in dieser Zeit das satirische Parkett der Altdorfer Fasnacht. Zu seinem Holzschnitt dichtete Forstingenieur Max Öchslin (1893 – 1979) den Schnitzelbank-Vers:

Das Tanzbein, ei du liebe Zeit,
Ist aller Jugend Herrlichkeit.
Derweil man eben ungeniert,
Mit hübschen Mädels amüsiert.
Und solches Nasch- und Zuckerzeug,
Ist halt von ganz besonder'm Teig.
Weshalb es hier zu Lande ist,
Gehütet wohl von jedem Christ,

Und niemals darf im Sonntagsstaat
Getanzet werden. – Separat.
Geschieht es wohl im Bauernhaus.
Doch das Gesetz macht nichts daraus.
Derselben Meinung war im Mai,
Die Landsgemeind' mit lautem Schrei.
Verwarf sie tanzliches Begehren,
Und streute aus die hohen Lehren:

Recht sittsam sei der Mensch fürwahr,
Im Urnerland das ganze Jahr! –
Wohlan! Wir wollen's alle glauben,
Und fester unser Tanzbein schrauben!
Quelle: Nächstenliebe, Schnitzelbank «Der Föhn» 1921.

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AKTIVE ALTDORFR SCHNITZELBANKGRUPPEN

Die tierischen Fünf, Altdorf, seit 2022 > Angaben
Dryy-Schritt-Dutzed, Altdorf, seit 1987 > Angaben
Fyyrtyyfäli, Altdorf, seit 2000 > Angaben
Grimpelsammler, Altdorf, seit 1989 > Angaben
Per Tutti, Altdorf, seit 1990 > Angaben
Sagenhaft, Altdorf, seit 2005 > Angaben
Tipflischyysser, Altdorf, seit 2002 > Angaben

EHEMALIGE ALTDORFER SCHNITZELBANKGRUPPEN

D Fettnäpfli, Altdorf, seit 2006 > Angaben
D Weschwyyber, Altdorf, seit 2006 > Angaben
Guggerzytli, Altdorf, seit 1989 > Angaben
Hari und Kari, Altdorf, seit 1984 > Angaben
Nächstenliebe Altdorf, Altdorf, seit > Angaben
Paragrafenreiter, Altdorf, seit 1985 > Angaben
Standpäükä, Altdorf, seit 1994 > Angaben
Trio infernale, Altdorf, seit 1994 > Angaben

FASNACHTSSATIRE

Satirische Eckpunkte

ALTDORFER NARRENBLATT

Narrenblätter in Altdorf
Narrenblatt der Nächstenliebe

URNER NARRENBLÄTTER

Narrenblätter in Uri

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Die tierischen Fünf
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Texte und Angaben: Quellenverweise und Rolf Gisler-Jauch / Angaben ohne Gewähr / Impressum / Letzte Aktualisierung: 25.01.2023