FASNÄCHTLICHES URI

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Urner Fasnachtsumzüge - ein Überblick


    
Grosse Fasnachtsumzüge sind in Uri in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts fassbar. Diese beruhten nicht mehr auf spontaner Initiative, sondern wurden von neu gegründeten Fasnachtsgesellschaften organisiert. Der Vorstand war teilweise mit wichtigen Personen des öffentlichen und des Geschäftslebens besetzt. Diese Umzüge trugen zu einer Belebung und Neuorientierung der Fasnacht bei. Die Organisation hatte zum Ziel, das Fasnachtsgeschehen zu disziplinieren und zu kontrollieren, indem man hoffte, dass die spontanen Aktionen angesichts der gross angekündigten Umzüge an Aufmerksamkeit verlieren würden und der Spontaneität der Maskeraden entgegenwirken würden. Mittel zu diesem Zweck war ein Umzugsmotto. Dieses wurde vorerst einmal geografisch und zeitlich so in die Ferne gerückt, dass es Politiker, Geschäftsherren und wer sich sonst alles noch im Dorfleben für wichtig hielt, nicht beleidigte. Tabuisiert waren zum vornherein geistliche Personen und damit kirchliche und religiöse Themen.

Aus den Umzügen resultierte meistens ein Defizit, welches den Fortbestand der Fasnachtsgesellschaft in Frage stellen konnte. Je schlechter es um die Wirtschaft und das Geschäftsleben stand, umso schwieriger war es, einen Fasnachtsumzug durchzuführen. Der Umzug wurde aus der Gesellschaftskasse sowie aus privaten Unterstützungsbeiträgen finanziert. Die Gesellschaftskasse sah Einnahmen aus Mitgliederbeiträgen, Bettelaktionen sowie aus dem Verkauf von Fasnachtsaktien und später Fasnachtsplaketten vor. Ein eventueller Überschuss sollte für gemeinnützige Zwecke verwendet werden.

Schon vor der Gründung der Faschingsgesellschaft Altdorf gab es im Urner Hauptort Fasnachtsorganisationen. So organisierte «das Comite» am Schmutzigen Donnerstag 1859 einen Maskenzug in Altdorf und sah sich verpflichtet, an der nächsten Fasnacht wiederum als abtretendes oder altes Komitee eine Fasnachtsversammlung einzuberufen. Die Versammlung hatte jeweils das neue Narrenkomitee zu wählen. Im Jahre 1879 nannte sich die Organisatorin des Fasnachtsumzuges «Altdorfer Fastnachtgesellschaft». 1887 wollte ein «Faschings-Komite» in den Faschingstagen durch Veranstaltung eines historischen Umzuges mit Volksschauspiel «einiges Leben in das ewige Einerlei» der Residenz bringen. Zu den Versammlungen eingeladen waren all diejenigen, welche Lust und Freude hatten, an einer Besprechung über «abzuhaltende Fastnachts-Belustigungen» Anteil zu nehmen. Es finden sich somit immer wieder Hinweise auf Fasnachtsumzüge in Altdorf, nicht immer drang die Initiative jedoch bis zur Durchführung.

1888 wurde in Altdorf die Faschingsgesellschaft gegründet, um die närrischen Aktivitäten unter das Motto «Jedermann zur Freud, niemand zum Leid» gesetzt werden. In den folgenden Jahren führte die Fagesa denn auch Fasnachtsumzüge durch.

Bei den Themen der närrischen Umzüge musste immer darauf geachtet werden, dass der Dorffrieden nicht in Schieflage geriet. Wo jemand angegriffen wurde, lauerte immer die Möglichkeit einer närrischen Gegenattacke. Personengruppen, von denen satirisch empfindliche Retourkutschen nicht befürchtet werden mussten, fielen nicht unter das Nichtangriffsabkommen.

Bei den Hauptdarstellern von Fasnachtsspielen und närrischen Umzügen lassen sich somit vier Hauptgruppen unterscheiden. Die erste Gruppe war ein Teil der Dorfgemeinschaft. Während die Kinder geschlechtsneutral ein beliebtes Fasnachtssujet waren, hatten als Antipoden im Alter vor allem die Jungfern für Fröhlichkeit zu sorgen. Die Altweibermühle, wo ältere Damen zu bildhübschen jungen Frauen wurden, war denn nicht nur an der Urner Fasnacht ein immer wieder- kehrendes, beliebtes Fasnachtsthema und bisher – trotz aller technischen und chemischen Fortschritte – nie erfülltes Wunschdenken der Männerwelt.

Die zweite Kategorie bildeten die sozialen Randgruppen, welche ihre närrische Darstellung meistens gar nicht wahrnahmen. Hauptsächlichste Vertreter waren dabei die Zigeuner. Den dritten Kreis bildeten fremde Völker. Hier war die räumliche Distanz so gross, dass es weder ein Eskimo in Grönland noch ein Bewohner in Afrika in seinem Leben wohl jeweils realisiert hat, dass sein Volk, seine Sitten und Gebräuche in irgendeinem der Fasnacht frönenden Dorf am Gotthard durch Einheimische in mehr oder weniger treffender oder beleidigender Art zur Darstellung gebracht wurden. Der vierte Themenkreis und ursprünglich hauptsächlichste Bereich waren historische Figuren und Geschehnisse. Doch bereits hier begab man sich auf ein Feld, wo es bereits kritisch werden konnte, eine seit Jahrzehnten verstorbene Figur am Umzug teilnehmen zu lassen.

In den Fasnachtsumzügen sollte für das Volk etwas Belehrendes liegen. Die Umzüge, die damals verwirklicht wurden, waren also alles andere als das, was man heute unter einem «Fasnachtsumzug» versteht. Es waren vielmehr «farbenprächtige Schauspiele», denen kaum etwas Satirisches oder Humoristisches zugrunde lag. Sie wollten vielmehr der Belehrung der Zuschauer dienen und vor allem ein monumental aufgezogenes Schauvergnügen sein. Man liebte vor allem geschichtliche Themen, zeigte Szenen aus fernen Ländern oder stellte den Jahreslauf mit den vier Jahreszeiten szenisch dar.

1927 führte die Fagesa letztmals einen Umzug durch. Sie wurde später aufgelöst. Die Altdorfer Fasnacht ging nach dem Verschwinden der Fagesa «einem bedenklichen Zerfall» entgegen. In dieses närrische Vakuum trat nun der Lehnstaat und führte in Altdorf Umzüge durch. Die Lehner zogen sich dann jedoch alsbald bis zum Zweiten Weltkrieg von der Organisation weiterer Umzüge zurück.
In den 1920er-Jahren organisierte die Fidelitas in Flüelen grosse Umzüge.

Nach dem Zweiten Weltkrieg kam die Fasnacht noch nicht gleich in Schwung. Da 1946 in den Fabrikunternehmen und Gewerbebetrieben allgemein gearbeitet wurde, beschränkte sich das fasnächtliche Treiben im Urner Hauptort vorerst auf einzelne kostümierte Gruppen von Kindern und Jugendlichen. Im Jahre 1947 fanden grosse und grössere Fasnachtsumzüge in Altdorf, Amsteg, Flüelen und Göschenen statt.

Im Herbst 1956 bildete sich ein Fasnachtskomitee aus Kreisen der Katzenmusikgesellschaft und der «Nächstenliebe», welches sich die Durchführung eines Umzugs zum Ziel setzte. Deshalb wurde dieses Gremium alsbald auch «Umzugskomitee» genannt. 1957 trat es erstmals in Erscheinung. In der Folge fanden weitere grosse Umzüge statt. Start war beim Bahnhofplatz. Mit der Gründung des Umzugskomitees wurden die Fasnachtsumzüge in Altdorf am Nachmittag des Güdelmontags zur Tradition. Mitte der 1960er-Jahre begann der Umzug beim Kollegium. 1969 fanden am Güdelmontag grosse Fasnachtsumzüge in Altdorf, Flüelen und Erstfeld statt. In Schattdorf wich man mit dem vierten grossen Umzug auf den Fasnachtssamstag, in Erstfeld und Flüelen auf den Fasnachtssonntag aus. In Seelisberg und Andermatt wurden Umzüge zu Ehren des Zunftmeisters beziehungsweise des Prinzen durchgeführt. Die Fasnachtsumzüge waren in Uri zu einem festen Bestandteil der Fasnacht geworden.

Literatur, Quellen: Gisler-Jauch Rolf, Fasnächtliches Uri, S. 193 ff.

EREIGNISSREICHE FASNACHTSUMZÜGE

1901  - Montag, 18. Februar 1901  - Wassen
Fasnachtsumzug in Wassen
Am Gidelmändig wird in Wassen ein Umzug mit Themen zur Weltpolitik (Bilder aus dem Burenkrieg, Europa in China) mit über 60 mitwirkenden Personen von der Faschingsgesellschaft aufgeführt. Eine besondere Freude hat dabei die Jugend an der «Burenartillerie», welche Mutschli und Orangen verschiesst.
Gisler-Jauch Rolf, Fasnächtliches Uri, S. 210.
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1906  - Donnerstag, 22. Februar 1906  - Altdorf
Fasnachtsspiel der Nächstenliebe Altdorf
Die Nächstenliebe Altdorf führt auf dem Altdorfer Hauptplatz die «Grosse Heilsversammlung zu Bekehrungszwecken» auf. «Der Kriegsruf», das «offizielle Organ der unorganisierten Altdorfer Heilsarmee», enthält das Programm sowie die Texte zu diesem Fasnachtsspiel.
GP 8/1906; Protokollbuch Nächstenliebe, 1901 – 1909; Nächstenliebe Altdorf, Der Kriegsruf, 1906.
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1929  - Montag, 11. Februar 1929  - Wassen
Fasnachtsumzug in Wassen
Nach einem Unterbruch von mehreren Jahren führt die Faschingsgesellschaft Wassen am Güdelmontag wieder einen kostümierten Umzug grösseren Stiles durch. «Die alte und neue Mode» soll gezeigt werden. Auf einem Thronschlitten fährt die Modekönigin daher. Auf zwei Pferdeschlitten folgt die Ländlermusik und etwas weiter zurück eine moderne Tanzkapelle, welche die neusten Schlager spielt. Zwischen von Pferden gezogenen Schlitten sieht man die Vertreter der Zeitepochen, angefangen von Adam und Eva nach dem Sündenfall. Es folgen die Höhlenbewohner, die Jäger, die Darsteller alter Berufe bis zu den befrackten Herren mit ihren noblen Damen. Auf dem Schulhausplatz gibt es den Grossauftritt, wo sich die alte und die neue Mode zu bekämpfen versuchen. Aber die Modekönigin steht von ihrem Throne auf und stiftet zwischen den Parteien Frieden. Ja, sie fordert die Streitenden auf, sich im Tanze zu vereinigen, was denn auch eintrifft. Es herrscht an diesem Tage grosse Kälte. Der Dorfpolizist hätte am Umzug für Ordnung sorgen sollen. Die innere Wärme steht vorerst im Vordergrund. Als der Umzug losgeht, ist denn der Ordnungshüter «chatzcheegelvollnä».
Gisler-Jauch Rolf, Fasnächtliches Uri, S. 210.
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1931  - Sonntag, 15. Februar 1931  - Flüelen
Das Klausenrennen - Thema der Flüeler Fasnacht
Das Klausenrennen findet 1931 nur an der Flüeler Fasnacht statt. Man beschränkt sich beim Fasnachtsumzug auf den "Kilometer-lancé" auf dem südlichsten Teil der Axenstrasse.
Gisler-Jauch Rolf, Uri und das Automobil - des Teufels späte Rache, Altdorf 1994, S. 204.
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1957  - Montag, 4. März 1957  - Altdorf
Altdorfer Umzugskomitee führt erstmals einen Umzug durch
Nachdem sich im Herbst 1956 ein Altdorf ein Fasnachtskomitee aus Kreisen der Katzenmusikgesellschaft und der «Nächstenliebe» gegründet und sich die Durchführung eines Umzugs zum Ziel gesetzt hat, wird dieses «Umzugskomitee» erstmals aktiv und führt in Altdorf einen Fasnachtsumzug durch. An dem Umzug auf der Bahnhofstrasse nehmen 15 Gruppen und zwei Musikkorps teil. Zur Finanzierung werden Fasnachtsplaketten verkauft. Wunsch des Komitees ist es, dass Betriebe und Geschäfte am Montagnachmittag geschlossen blieben.
Gisler-Jauch Rolf, Fasnächtliches Uri, S. 193.
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2013  - Samstag, 9. Februar 2013  - Schattdorf
Schattdorfer Umzug bei kalten Temperaturen
Das Wetter am Schattdorfer Umzug zeigt sich von der besten Seite. Das Hauptthema des Umzugs: das Beizensterben in Schattdorf. In Seelisberg zieht ein Umzug mit 15 Nummern durchs Dorf.
UW 11, 9.2.2013
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2018  - Montag, 12. Februar 2018  -
Nach dem Sturm der Umzug
In Altdorf findet der Umzug nach dem vormittäglichen Schneesturm in einer märchenhaften weissen Kulisse statt. Pünktlich zum Umzugsbeginn kommt sogar die Sonne zum Vorschein sodass der bunte Umzug umso farbiger erstrahlt. Am Sonntag findet der Umzug in Erstfeld statt.
UW 12, 14.2.2018, S. 1, 16, 17.
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2020  - Montag, 24. Februar 2020  -
Umzug bei viel Sonnenschein Fasnacht | Andermatt
Am Güdelmontag ziehen die Urschner Fasnächtlerinnen und Fasnächtler bei frühlingshaftem Wetter durch das Dorf von Andermatt. Der Katzenmusik folgen eine Reihe originell verkleideter Gruppen, darunter Pizzaioli, eine Achterbahn oder Indianer. Prinz «Jumbo» und sein Gefolge winken den vielen Zuschauerinnen und Zuschauern aus dem «Love Mobil» zu. Nicht fehlen dürfen an diesem ausgelassenen Tag natürlich reichlich Süssigkeiten, Orangen, Würstli – alles ganz unter dem Motto «Het er, so git er».
UW 16, 22.02.2020, S. 5.
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2020  - Montag, 24. Februar 2020  -
Urner Fasnacht bingt Massen in Schwung
Der Fasnachtsumzug lockt die Massen nach Altdorf. Bunte Fussgruppen und aufwendig dekorierte Wagen sind eine Augenweide. Auch der Axen setzt sich gewaltig in Szene – inklusive Felssturz und Strassensperre. Zu den grossen Themen gehören auch der Brexit und die Diskussion um 5G-Antennen in Uri.
UW 16, 26.02.2020, S. 1.
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Texte und Angaben: Quellenverweise und Rolf Gisler-Jauch / Angaben ohne Gewähr / Impressum / Letzte Aktualisierung: 05.02.2023