Der Nationalfeiertag im Detail
1961
Dienstag, 1. August 1961
Sujet:
Kreuz mit Kantonswappen (22, golden) auf rot-weissem Band (Halbkantone > ein Wappen)
Zweck der Bundesfeierspende:
kulturelle Zwecke
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Wort des Landammanns zur Bundesfeier 1961
Landammann Hans Villiger
«Getreue, liebe Mitbürger,
Wiederum schickt sich das Schweizervolk an, die Geburtsstunde der einen und unteilbaren Eidgenossenschaft schlicht und würdig zu begehen. In einer Zeit, da der Mensch mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln versucht, die letzten Geheimnisse des Weltalls zu ergründen, wollen wir uns auf uns selbst besinnen und erkennen, welche Fundamente die Schweiz zu einem derart einmaligen Staatswesen werden ließen. Wir wollen jene stille Stunde des Marschhaltes einschalten, die nötig ist, um Vergangenes richtig zu würdigen und Zukünftiges klar zu erkennen.
Was könnte das Wesen der schweizerischen Eidgenossenschaft besser versinnbilden als das diesjährige Bundesfeierabzeichen, die Wappen aller Kantone im Schweizerkreuz vereint: die Vielfalt in der Einheit. Alles in der Eidgenossenschaft ist verschieden: die Rasse, die Religion, die Sprache, die Kultur und die Wirtschaft. Die aus uns selbst gewachsene Staatsform der schweizerischen Demokratie verkörpert Mannigfachigkeit in allem. Demokratie ist freie Diskussion, ist offene Meinungsäusserung und unabhängige Entscheidungsmöglichkeit. Niemals kann die Vielfältigkeit der Meinungen negiert oder gar mit Gewalt unterdrückt werden, niemals könnte man in der schweizerischen Demokratie von der unbeeinflußten Ausmarchung in allen sich stellenden Fragen, in denen der Volkswille erfragt werden muß, abkehren.
Wenn sich indessen diese vielfältige Schweiz nicht nur behaupten, sondern auch in schönster Weise weiterentwickeln konnte, so nur durch die selbst gewählte Einheit und durch die freiwillige Einordnung aller Gegensätze in einer unverbrüchlichen Gemeinschaft, in welcher alle Gegensätze die letzte Entscheidung finden. Ueber alle Unterschiede hinweg hat der Respekt vor der Persönlichkeit, das Bekenntnis zum christlichen Glauben und ein freier Wille zur Ordnung die Eidgenossen zu einem einzigen Volk von Brüdern zusammengeschweißt. Die Demokratie als die Staatsform der Verpflichtung verlangt indessen von jedem Einzelnen sein Mitmachen und seine Teilnahme an ihren Problemen. Der Bürger muß den festen Willen haben, sich mit den ihm stellenden Aufgaben zu belasten, weshalb die Demokratie in dieser Hinsicht keine bequeme Staatsform ist, sondern eine recht anspruchsvolle genannt werden darf. Sicher aber ist sie für uns die schönste Staatsform, hat doch der unbeugsame Wille zur Einheit in der Freiheit uns schließlich nicht nur vor Kriegen bewahrt, sondern uns auch davor gefeit, die Beute fremder Ideologien zu werden. Das gleiche Fundament unseres persönlichen, geistigen und politischen Lebens wird uns auch davor bewahren, zum Spielball der gegenwärtigen Weltzerrissenheit zu werden. Allerdings werden wir uns die Freiheit und das Leben nur dann verdienen, wenn wir sie immer aufs Neue erobern.
Solche Ueberlegungen sollen uns leiten, wenn wir uns das diesjährige Bundesfeierabzeichen an die Brust heften. Indem wir dies tun, unterstützen wir gleichzeitig die kulturellen Bestrebungen der hierfür zuständigen Institutionen, für welche der Erlös aus dem Abzeichenverkauf bestimmt ist. Kultur- und Geisteswissenschaften haben sich in der Schweiz stark auf privater Grundlage entwickelt, neben und außer den Forschungen der Hochschulen, und diese Bestrebungen gilt es durch das Volk direkt zu unterhalten und zu fördern. Wir empfehlen die diesjährige Bundesfeiersammlung aufs angelegentlichste, denn die zu unterstützenden Bestrebungen sind gerade auch für den Kanton Uri mit seinen mannigfachen und wertvollen kulturellen Gütern von größter Bedeutung.
Schließlich bitten wir auch dieses Jahr wieder die löbl. Kirchenräte und Pfarrämter, für das Festgeläute von 20.00 - 20.15 Uhr in allen Pfarr- und Filialkirchen besorgt zu sein. Wir wollen dabei bedenken, daß der Mensch allein nicht vermag, allen Gefahren für den Bestand unserer Heimat in Gegenwart und Zukunft zu begegnen. Es ist die Hilfe des Allerhöchsten notwendig und unerläßlich, damit unser Vaterland durch Einigkeit und Stärke, Mut und Gottvertrauen vor Zwist und Zerfall bewahrt bleiben kann. Die Stunde der Besinnung möge uns daher sowohl die Grundlagen des schweizerischen Staatswesens als auch die Verantwortung der Zukunft gegenüber klar erkennen lassen. Wir empfehlen Euch, getreue, liebe Mitbürger, samt uns vertrauensvoll in den immerwährenden Machtschutz des Allerhöchsten.»
24.07.1961
/
Abl UR 1960, S. 517 ff.
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