Der Nationalfeiertag im Detail
2006
Dienstag, 1. August 2006
Sujet:
Grünes Ahornblatt mit Schweizer Kreuz
Zweck der Bundesfeierspende:
historische Gärten und Parkanlagen der Schweiz
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Gedanken des Landammanns zum 1. August
Landammann Dr. Markus Stadler
«Die Schweiz sei eine «Willensnation», sagt man, übersieht aber leicht dabei, dass wir unsere nationale Existenz der napoleonischen Zeit verdanken, in der die Grossmächte Frankreich und Österreich die Schweiz als Pufferzone zugelassen haben. Unsere Nation ist also auch aus dem Willen der andern entstanden.
Die Verhältnisse haben sich seither wesentlich verändert. Weder ist Krieg um uns, noch brauchen die Nachbarn einen Pufferstaat Schweiz. Im Gegenteil – diese Nachbarn haben sich zur Europäischen Gemeinschaft zusammengeschlossen. Diese Gemeinschaft wächst und entwickelt sich. Wir sind mit ihr in vielfacher Alltagsbeziehung aufs Engste verbunden, sind vertraglich «verbilaterisiert» und vollziehen in manchen Gesetzesfragen nach, was der europäische Motor vorgibt.
Der erste August ist ein besonderer Tag. Er soll uns Schweizerinnen und Schweizer daran erinnern, dass die Welt grösser ist als der Spiegel unserer alltäglichen privaten Wünsche und Sorgen. Die Nation Schweiz ist nach den Kantonen ein weiterer Bezugsrahmen für unsere Gewohnheiten, unsere rechtlichen Regeln, unsere Heimat, unsere Zukunftshoffnungen. Sie verbindet vier Sprachen und Kulturen. Sie beinhaltet damit auch Fremdes, nicht nur Vertrautes. Eine besondere Stärke ist ihre Vielfalt auf kleinstem Raum, eine Vielfalt, die Kreativität und Anpassungskraft beinhaltet und fördert.
Zur Realität der Schweiz gehört auch, dass sie ein europäisches Land ist, ein Land der Erde schliesslich. Kriege unter europäischen Ländern gehören hoffentlich der Vergangenheit an. Damit ist auch unsere Réduit-Mentalität passé – so bedeutungsvoll sie einmal gewesen sein mag.
Wie gehen wir mit diesen Veränderungen um? Die kleine «autonome» Schweiz ist für die einen geschichtlich überholt. Für andere stellt sie ein Zukunftsmodell des Zusammenlebens von Verschiedenartigkeit dar, ein Modell der grundsätzlich gewaltfreien Entscheidfindung. Wach müssen wir uns mit den neuen Verhältnissen auseinandersetzen, nicht einfach abgestellt auf die passive Hoffnung, die Weiterentwicklung der andern werde schon scheitern. Mir scheint wichtig, dass wir versuchen, die Schweiz so zu sehen, wie sie heute ist, wie sie morgen sein kann und uns befreien von alten Leitbildern, deren Uhr abgelaufen ist.
Freuen wir uns nicht nur am ersten August über unser wunderbares Land, sind wir dankbar für die Vorzüge und Privilegien, die wir – allzu oft mit purer Selbstverständlichkeit – nutzen. Geniessen wir unsere Besonderheit und prüfen wir unseren nationalen Willen angesichts unserer Möglichkeiten! Wir sind auf unsere Nachbarn an gewiesen und können unsere hervorragende Stellung nur halten, wenn wir den geschichtlichen Wandlungen unerschrocken entgegenblicken und sie einbeziehen in unsere Absichten und Taten.»
28.07.2006
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Abl UR 2006, S. 1037 f.
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