1974
Donnerstag, 1. August 1974
Sujet:
Silhouette der Schweiz mit goldenen Kreuzen auf rot-weissem Band
Zweck der Bundesfeierspende:
Unterstützung sozialer Werke, die eine Hälfte für die Alters- und Pflegeheime und die andere Hälfte für die Mütterhilfe.
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Wort des Landammanns zur Bundesfeier 1974
Landammann Raymund Gamma
«Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
Wir stehen am Vorabend des 1. August, des diesjährigen Bundesfeiertages. Wie immer, möchte sich der Regierungsrat auch diesmal an Euch wenden, um des Anlasses zu gedenken. Gar viele Ueberlegungen bewegen uns in dieser Zeit, Gedanken zur unruhevollen, ja kriegerischen Weltlage, Gedanken aber auch zur eigenen Heimat, wo es der Probleme genug gibt, mit denen wir fertig werden müssen. Heute wollen wir an zwei Dinge denken, welche den Anlass der Bundesfeier gleichermassen charakterisieren.
Da ist einmal der Blick zurück. Der Umstand, dass Altdorf dieses Jahr auf 75 Jahre Tellspiele zurückblicken kann, soll das Zeichen Zu einem kurzen Gedenken sein. Unsere Gedanken gehen zurück in jene Epoche, da sich rund um den Vierländersee die schweizerische Befreiungsgeschichte abgespielt hat, da die Urner, Schwyzer und Unterwaldner das fremde Joch abschüttelten und sich frei und unabhängig erklärten. Wilhelm Teil ist die zentrale Gestalt dieser Befreiungsgeschichte, gleichgültig ob er nun gelebt hat, wofür doch einige handfeste Fakten sprechen, oder nicht. Unbestreitbar ist, dass Wilhelm Teil auch heute noch für uns Schweizer der Mythos der Freiheit, das Symbol der Unabhängigkeit und der Exponent der Eigenständigkeit ist. «In tyrannos», gegen die Tyrannen, so hat Friedrich Schiller seinen am 17. März 1804 zu Weimar uraufgeführten «Wilhelm Teil» überschrieben und nicht umsonst ist dieses Werk zum schweizerischen Nationaldrama geworden. Gegen die Tyrannei kämpften unsere Ahnen, für die Freiheit schlugen sie ihr Leben in die Schanze und ihr Kampf, ihr Einsatz, ihr Geist ist in Wilhelm Teil symbolisiert. Wir wollen also den Altdorfern dankbar dafür sein, dass sie das Fanal der Freiheit hochhalten, es weitertragen und alles zu seiner Sicherstellung für die Zukunft zu tun gewillt sind.
Da ist aber zum andern auch der Blick in die Zukunft. Nach den Lehren der Geschichte und von der Vergangenheit ausgehend ist unserer Generation die Aufgabe gestellt, nebst den Entscheiden für die Gegenwart auch an das zu denken was kommen wird. Es gilt also nicht nur für den Augenblick zu leben sondern auch die Zukunft nach Möglichkeit zu erkennen. Dies ist der Anlass dafür, dass wir heute in einer ausgesprochenen Phase der Grundlagenforschung und der Planung leben. Die Regierung, deren Handeln nicht nur gegenwartsbezogen sondern im bestmöglichen Masse auch prospektiv sein muss, hat diese Forschung an die Hand genommen. Wenn man sich an das altbekannte Wort «Regieren ist vorausschauen» halten will, dann können sich unsere lieben Mitbürgerinnen und Mitbürger gut vorstellen, dass diese Vorausschau eben der erforderlichen Grundlagen bedarf. So sind denn verschiedene Expertisen in Auftrag gegeben worden, sie sind zum Teil abgeschlossen oder werden demnächst zum Abschluss gebracht. Es ist doch so, dass das höchstmögliche Mass an Wohlstand, welches als Ziel eines jeden staatlichen Handelns dem Mitmenschen zuteil werden soll, erarbeitet, sogar erkämpft werden muss. Dieser Kampf um die frühzeitige Sicherstellung des bestmöglichen Daseins auch in der Zukunft ist eine dem Staat gestellte Aufgabe. Der Regierungsrat scheut keine Mühe und keinen Einsatz, um diese Aufgabe im Interesse der Gemeinschaft zu lösen. Es ist klar, dass diese Aufgabe nur in Freiheit gelöst werden kann. Doch Freiheit verpflichtet, denn Freiheit heisst Ordnung und Ausgewogenheit. Der Regierungsrat ist gewillt, seine Verpflichtungen der Gegenwart und der Zukunft gegenüber voll und ganz zu erfüllen. Dies kann aber nicht von sich allein aus getan werden, es bedarf hiezu der Einsicht, der Bereitschaft und der Unterstützung aller.
In diesem Sinne wünschen wir Euch, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, einen besinnlichen, schönen und frohen Bundesfeiertag. 836 Damit verbinden wir den Wunsch, dass unser Volk, unser Land und unsere Behörden unter den immerwährenden Machtschutz Gottes gestellt sein mögen.»
22.07.1974
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Abl UR 1974, S. 625 ff.
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