Die Fasnacht in den einzelnen Urner Dörfern
Fasnächtliches Flüelen
(in Arbeit)
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FASNACHTSUMZUG
Im Jahre 1880 führte die Narrengesellschaft an der Jungen Fasnacht einen Umzug zum Thema «Die Eröffnungsfeier der Gotthardbahn» durch. Die Abfahrt geschah gemäss Fahrplan um 10 Uhr vormittags beim Hotel Urnerhof (heute Apertura). Erste Haltestelle war beim Hotel «St. Gotthard». Nach 10-minütigem Halt fuhr der Zug gemäss Fahrplan nach Altdorf. Der Fasnachtszug durchs Dorf mit anschliessendem Auftritt in Altdorf hatte auch in den folgenden Jahren Bestand und wurde von der «Narrhalia Flüelen» organisiert.
Die Faschingia Fiora ging praktisch nahtlos in die Fidelitas Flüelen über. Ende der 1920er-Jahre begann der neue Verein die Umzugstradition fortzusetzen. Es kam zu zwei grossartigen Umzügen. 1927 führte man am Güdelmontag Umzüge zum Thema «Mittelholzers Afrikaflug» und ein Jahr später zum Thema «Zirkus Fidelitas» mit 15 Nummern durch. Angesichts der wirtschaftlichen Krise der 1930er-Jahre wurden auch in Flüelen die Umzüge der Zeit angepasst. Der Zweite Weltkrieg bot dem Fasnachtstreiben nochmals stärkeren Einhalt.
Nach dem Kriegsende sollten die Aktivitäten wieder aufgenommen werden. Als Problem zeigte sich auch in Flüelen, dass viele am Güdelmontag arbeiten mussten. Es fanden zwar vereinzelt Umzüge statt, doch die Rekrutierungsschwierigkeiten blieben bestehen, da der Gidelmändig kein freier Arbeitstag war. Ende der 1960er-Jahre fanden in Flüelen wiederum grosse Umzüge statt, bis Verkehrsprobleme der Tradition mit dreijährigem Turnus Einhalt geboten. So wurde ein grosser Umzug letztmals im Jahre 1998 durchgeführt. Seitdem hat man wie in den umzugsfreien Jahren eine neue Form der Dorffasnacht gefunden. Der Spiess wurde umgedreht. Nun rotiert nicht mehr der Umzug, sondern das Publikum. Die Dorfvereine und fasnächtliche Gruppierungen tragen zu einem von der Fidelitas für die Fasnacht herausgegebenen Motto närrische Aktionen und Produktionen vor. Dazwischen mischen sich die Katzen- und die Guggenmusik sowie die Einzelmasken.
Literatur: Gisler-Jauch Rolf, Fasnächtliches Uri, S. 200 ff.
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KATZENMUSIK
Die Fasnachtsumzüge, welche in Flüelen schon Ende des 19. Jahrhunderts stattgefunden hatten, wurden jeweils von einer Musik angeführt. Diese sollte durchaus musikalisch aufspielen. In Zeiten, wo keine Dorfmusik bestand, versuchte man das Ballorchester des Grand-Hotels aufzubieten, musste jedoch mangels Finanzen davon absehen. So entschloss man sich, die Musik selber zu machen, ein Unternehmen, welches dem ursprünglichen Sinn der Katzenmusik alle Ehre tat, hielt man doch selbstkritisch im Protokoll fest: «Voraus machte sich mit fürchterlichem, ohrenbetäubendem Lärm der gänzliche Mangel jeglicher Musik geltend und erfreute die aus nah und fern herbeigeeilten Zuhörer mit dem Fehlen ihrer herrlichen Weisen.» 1904 wurde auch das Frühkonzert am Schmutzigen Donnerstag erstmals erwähnt und als «die berühmte Katzenmusica» bezeichnet. Am Umzug 1905 spielte die «Stadtmusica Fiora» den «eigen traktierten Eröffnungsmarsch» ohne Noten.
Die Katzenmusik kam auch während der Jahre des Ersten Weltkriegs zur Durchführung und weckte bei der einheimischen Bevölkerung und bei den deutschen Internierten ganz verschiedene Gefühle. Die internierten Deutschen machten zum Teil mit Nachthäfen zum Fenster hinaus mit, andere meinten, dass in Deutschland all diese Musikanten «eingesteckt» würden. Im Gegensatz zu den Bourbaki-Soldaten haben die deutschen Internierten des Ersten Weltkriegs hier zu Lande keine fasnächtlichen Spuren mehr hinterlassen.
In Flüelen ertönte die Katzenmusik jeweils morgens zwischen 4 und 5 Uhr, in den 1930er-Jahren um 3 Uhr, entweder am Schmutzigen Donnerstag oder am «Gidelmäändig». Es begab sich eine Alarmmannschaft auf die Strecke, welcher sich vor allem die Jungmannschaft anschloss und dann einen Harst zwischen 30 und 40 Personen bildete. Den teilnehmenden Katzenmusikanten wurden jeweils Freibier und eine Mehlsuppe (ab 1911) verabreicht. Diese wurde nach zweistündiger intensivster Arbeit im Restaurant Linde serviert. Hierzu hatte jeder Musikant einen Gamellendeckel oder eine Blechbüchse mit Löffel mitzubringen.
Mit der Gründung der Fidelitas im Jahre 1924 bildete sich die Tradition, dass die Generalversammlung oder auch die erste Fasnachtsversammlung «mit der üblichen Katzenmusik» eröffnet wurde. Die Ouvertüre am 6. Januar und das Schlusskonzert an der Alten Fasnacht haben sich bis heute gehalten. Das Instrumentarium umfasste neben den üblichen Krachinstrumenten ein knappes Dutzend Trommeln und 1925 auch erstmals eine Pauke. Nebst den drei traditionellen Konzerten der Fidelitas wurden auch unorganisierte Aktionen gestartet. So beschwerte sich 1928 «Einer im Namen Mehrerer» über einen Fasnachtsrummel, der vor der Fasnacht losgegangen sei. Eine Gruppe junger Burschen zog dabei angeheitert als Katzenmusik bis morgens um 4 Uhr durch das Dorf. Der «Eine im Namen Mehrerer» fragte die Leserschaft, wo denn diese Burschen ihr Versammlungslokal hätten, und meinte, dass auch Minderjährige nachts heimgejagt werden sollten.
Hatte die Katzenmusik bis zum Zweiten Weltkrieg ihren unbestrittenen Stammplatz im fasnächtlichen Geschehen, so kam es während der Kriegsjahre wegen ihrer Durchführung zu hitzigen Diskussionen. Der Fidelitas-Präsident erklärte in einer feurigen Rede die Fidelitas mit der Katzenmusik als «geistige Landesverteidigung im Landesinnern», indem diese das Volk stets etwas aufmuntere. Trotzdem wurde in Flüelen 1941 keine Katzenmusik veranstaltet. Grund dafür war vor allem der Umstand, dass im Jahr zuvor für 70 Franken Felle kaputtgeschlagen wurden und nun der Fellbezug während des Krieges durch den Bund gesperrt war. Mit dem Beschluss konnten sich jedoch «einige jüngere und ältere» nicht befreunden und verschafften sich durch die ausgebrochene Türe des Wachtlokals in der Alten Kirche Zugang zum Fidelitas-Materialmagazin und holten die Instrumente eigenhändig heraus.
Text: Gisler-Jauch Rolf, Fasnächtliches Uri, S. 98 ff.
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GUGGENMUSIK
In Flüelen fanden bereits in den 1960er-Jahren erste Guggenmusik-Treffen statt. Mit den "Üterlos" bestand dann 1976 schon früh eine Guggenmusik. Als Guggenmusik war man eine kleine Clique, die sich gegen Neumitglieder abschottete. Mit den "Dorfschränzer" und den "Gruontalfääger" folgten zwei neue Gugenmusikformationen. Traditionell waren die Aufführungen am "Gugger-Sunntig". 2009 lösten sich die "Gruontal-Fääger" auf. Zum Teil treten die "Guggen" in kleineren Verbänden noch am Fasnachtssonntag auf. Im Jahre 2012 wurde mit den "Rophaienschränzer" die vierte Flüeler Guggenmusik gegründet.
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FASNACHTSGRUPPEN
NARRENBLATT
1880 erschien zudem die erste Nummer des Flüeler Narrenblatts sowie im folgenden Jahr die «Narrenzeitung». Flüelen zählte in der Zeit des Gotthardbahnbaus 1425 Einwohner. Es gab zahlreiche Wirtschaften und Kostgebereien und somit zahlreiche Wirtsleute, die dankbare Sujets für die Narren abgaben. Die Folge war ein Einblick in die nicht immer sauber gereimten, sozialen Verhältnisse des pulsierenden Lebens in Flüelen.
Ende des 19. Jahrhunderts blies zwar der Biswind durch den närrischen Blätterwald, und die Fasnachtsorganisation hatte fast ununterbrochenen Bestand, doch man wagte sich nach einem ersten Versuch 1930 erst Anfang der 1980-Jahre wieder an die Herausgabe von Narrenblättern. Der Dorffrieden schien jedoch alsbald gefährdet und die Versuche waren schnell wieder erstickt. Das Hafenstädtchen ist ein Ort mit einer aktiven Fasnacht, doch anscheinend will man die Satire nicht gedruckt.
Text: Gisler-Jauch Rolf, Fasnächtliches Uri, S. 251 und 278.
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FASNACHTSPLAKETTE
Die Fidelitas Flüelen hat seit 1972 eine ungebrochene Plakettentradition. Die Sujets stellten zuerst Masken, dann Dorfansichten und Gebäude dar. Seit 2000 bilden die Buchstaben von Flüelen das Sujet der Plaketten.
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SCHNITZELBANK
FASNACHTSENDE
Alte Fasnacht, 19 Uhr,
Schlusskonzert; alle Instrumente; ungeschminkt und unkostümiert.
In Flüelen findet an der Alten Fasnacht traditionell die letzte offizielle Katzenmusik statt. Man erscheint mit dem gesamten Instrumentarium, jedoch unkostümiert und ungeschminkt. Dann werden die Instrumente für ein Jahr versorgt, um sie bereits am 6. Januar des nächsten Jahres wiederum für das traditionell erste Konzert hervorzuholen.
Text: Gisler-Jauch Rolf, Fasnächtliches Uri, S. 340 und 342.
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DIE OFFIZIELLEN WAPPEN
URNER FASNACHTSDÖRFER
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